Auf meinen Landschaftsfotografie-Reisen verzichte ich fast immer auf den Komfort einer festen Unterkunft und schlafe lieber direkt im Zelt oder im Auto. So habe ich die Möglichkeit immer direkt vor Ort zu sein und mich voll und ganz auf meine Umgebung einzulassen. Das Naturerlebnis steht auch bei der Landschaftsfotografie für mich im Vordergrund. Eisige Kälte spüren, sengende Hitze aushalten oder schweres Equipment auf Berge tragen, jedes Erlebnis fließt in meine Fotografie mit ein und beeinflusst auch die Art wie ich das Bild komponiere oder welche Stimmung ich erzeuge.
Ich werde oft gefragt, was es mit dem oben stehenden Zitat auf sich hat. Auf was es sich bezieht. Ob es bedeutet, dass ich wie ein Landschaftsmaler, mit Hilfe von Photoshop, die Realität verzerre und etwas hinzufüge oder ummodelliere. Dass ich mir die Realität so forme wie ich sie mir vorstelle.
Nichts davon trifft zu.
Für mich als Landschaftsfotograf bedeutet ein Foto zu machen, dass wir einen Ausschnitt unserer eigenen Wahrnehmung festhalten. All unsere Erfahrungen fließen dort mit ein, unsere Erwartungen, Ängste, Gefühle und im Laufe der Jahre gewachsenen Eigenheiten. Wir alle sehen die „allgemeine“ Realität durch einen Schleier aus Filtern. Das kann man sich vorstellen wie eine Reihe aus Grau- und Farbfiltern die man sich vor das Objektiv schraubt. Diese Filter bestehen aus den Dingen, die wir im Laufe unseres Lebens gelernt oder die uns unsere Erziehung hat angedeihen lassen. Unser Gehirn filtert und reduziert das, was um uns herum geschieht auf das vermeintlich Wesentliche. So sind manche Dinge für den Einen wichtig, während der Andere sie überhaupt nicht wahrnimmt. Dieser Umstand erstreckt sich über alle Lebensbereiche, das Hören, Fühlen, Schmecken und auch die Art wie wir kommunizieren. So erschafft sich also jeder von uns seine eigene Realität.
Die Fotografie ist also ein Mittel meine Realität und meine Wahrnehmung anderen verständlich zu machen. Natürlich sehen wir alle einen monumentalen Berg der in Wolken hängt und mystisch von der Sonne in ein Abendrot getaucht wird, als Gesamtbild. Aber jeder von uns wird andere Details in diesem Gesamtbild sehen und für wichtig oder schön befinden. Und somit wird jeder von uns auch ein anderes Foto davon machen und ein anderes Gefühl dabei haben.
Wenn nun der Betrachter wiederum mit seinen eigenen Filtern das Bild ansieht, dann wird er vermutlich ein ganz anderes Bild sehen, als jenes, das ich aufgenommen habe. Aber wenn er etwas darin findet, dass sich mit seiner Realität und seinen Gefühlen überschneidet, wird er es wahrscheinlich für gut befinden oder zumindest wird es etwas bei ihm auslösen.
Das erstreckt sich über alle Bereiche der Fotografie, egal ob Landschaftsfotografie, Peoplefotografie oder sogar Hochzeitsfotografie.
Auch in die digitale Postproduktion der Bilder fließt das alles mit ein. Die Kamera vermag leider nicht immer das einzufangen, was ich gesehen habe. Um Stimmungen im Foto so zu transportieren wie ich sie vor Ort gespürt habe, bedarf es manchmal der Hilfe von Photoshop. Das heißt aber nicht, dass ich beliebig hinzufüge oder verzerre. Ich nutze Photoshop um hervorzuheben, zu verstärken oder um ein Gleichgewicht zu schaffen. Es bleibt immer das was jeder sehen kann, aber vielleicht nicht jeder wahrnimmt.
Mit der Bildbearbeitung kann ich als Landschaftsfotograf, neben den Mitteln der Bildgestaltung, wie Komposition und Lichtführung, den Blick des Betrachters lenken und die Dinge die ich sehe, für ihn sichtbar machen. Außerdem hilft mir Photoshop die Stimmung in Bildern zu kreieren, die ich vor Ort gefühlt habe. Das kann bedeuten, dass ich Licht und Schatten gegeneinander anpasse oder Farben gezielt herausarbeite, um einen intensiveren Bildeindruck zu erzeugen. Insgesamt möchte ich ein harmonisches und stimmiges Gesamtbild erzeugen und meine Kreativität auch in der Nachbearbeitung voll ausleben. Mit den Mitteln der digitalen Postproduktion bin ich in der Lage meinen ganz eigenen Stil in die Bilder einfließen zu lassen.
Manchmal mag das in eine sehr romantische Richtung führen oder, für den ein oder anderen, eine etwas verklärte Sicht auf die Welt sein. Aber für mich ist die Natur ein bunter, wunderschöner, manchmal düsterer oder mystischer Ort, also zeige ich sie auch so!
Wenn ich sage, dass es bei der Fotografie nicht nur darum geht die Realität abzubilden, sondern seine eigene Realität zu erschaffen, dann meine ich damit bewusst wahrzunehmen und gezielt die eigene Sicht der Welt in das Foto einfließen zu lassen, um etwas eigenes zu kreieren. Und vielleicht stimmt damit auch der etwas abgedroschene Satz: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“